Anna-Maija Mertens
Die promovierte Politologin wurde 1975 in Helsinki geboren. Seit 2008 ist sie Deutsche. Von 2010 bis 2014 leitete Mertens in Berlin das Finnland-Institut. Heute ist sie Geschäftsführerin von Transparency International Deutschland. Anna-Maija Mertens erzählt über ihre Bekanntschaft mit Deutschland.
“Ich bin mit 17 Jahren das erste Mal für eine längere Zeit nach Deutschland gekommen — und zwar als Austauschschülerin. Ich war in Hamburg auf dem Christianeum, einem humanistischen Gymnasium. Ich war also plötzlich mit klassischen Sprachen wie Latein und Altgriechisch konfrontiert. Was mich aber am meisten überraschte, war die Diskussionskultur. Über alles und jedes haben die Schüler diskutiert. Ich fand es verrückt, wie mutig meine Klassenkameraden mit den Lehrern redeten. In Finnland war der Unterricht damals eher frontal organisiert.
Ich hatte zwar schon in Finnland in der Schule Deutsch gehabt. Aber ich hatte trotzdem oft das Gefühl, dass ich nichts verstehe. Besonders auf Partys, wenn andere Witze erzählt haben. Ich habe dann immer mitgelacht, obwohl ich nicht wusste, warum alle lachten. Und ich war wirklich schockiert, dass hier alle Filme synchronisiert werden! Zum Glück wurde mein Deutsch mit der Zeit besser.
Ich bin dann nach dem Austauschjahr zurück nach Finnland gegangen, habe die Schule beendet und am Flughafen gejobbt. Studieren wollte ich in Deutschland. Aber wo? Ein Reisender kam dann am Flughafen zu mir und sagte mir: Schau dir Münster an! Er war sich so sicher, dass ich gleich zum nächsten Reisebüro gegangen bin. Ein paar Tage später habe ich mir Münster angesehen. Es hat mir so gut gefallen, dass ich dort nicht nur studiert, sondern auch promoviert habe.
Nach meiner Zeit in Münster habe ich überlegt, wieder in meine Heimat zurückzugehen. Ich hatte damals Heimweh. Aber einen Job zu finden, war gar nicht so einfach. Ich habe ein paar Bewerbungen abgeschickt — und gemerkt, wie wenig Leute ich in Finnland noch kenne. Dann habe ich ein Praktikum in Brüssel gemacht und erkannt, dass ich schon ziemlich eingedeutscht bin. Plötzlich war das Heimweh weg.
Heute bin ich Geschäftsführerin von Transparency International Deutschland in Berlin. Unsere Hauptaufgabe ist der Kampf gegen Korruption. Aktuell steht Deutschland in unserem Ranking auf Platz 10. Das ist nicht schlecht, aber auch hier gibt es Probleme. Wenn Deutschland es zum Beispiel zulässt, dass andere Länder bei den großen Banken in Frankfurt ihr Geld waschen können, unterstützt das die Korruption. Entspannen dürfen wir uns also noch nicht.”
Warum dachte Anna-Maija darüber nach, wieder nach Finnland zurückzukehren?
AIhr wurde dort eine Stelle angeboten.
BSie wollte ihr Praktikum im Heimatland machen.
CSie hat ihre Heimat sehr vermisst.
DSie wollte ihre nationale Identität nicht verlieren.