Schweizer Anwälte strotzen vor Selbstsicherheit
Die großen Schweizer Anwaltsbüros kommen vermehrt unter Druck, sich mit einer internationalen Kanzlei zusammenzuschließen. Klienten mit multinationalen Projekten wollen nicht mehr von einer ganzen Reihe rein nationaler Kanzleien betreut werden, sondern von einer einzigen, internationalen Kanzlei. In jedem Land gibt es lokale Champions. Aber in der Schweiz haben diese eine besonders starke Stellung. Der Schweizer Markt funktioniere anders, das sei auch historisch bedingt. Schweizer Kanzleien müssen Höchstleistungen erbringen, denn hierzulande sind die Kunden anspruchsvoll, und die Dichte an internationalen Unternehmen ist sehr hoch.
In den letzten Jahren sind die Anwaltskanzleien viel kostenbewusster geworden. Früher war es nicht unüblich, dass eine Kanzlei von einem Kunden eine „Carte blanche“ für sämtliche juristischen Arbeiten erhielt, ohne diese bis ins Detail zu begutachten. Heute prüfe und vergleiche ein Klient schon vor der Auftragsvergabe alle Dienstleistungen genauestens. Benötige beispielsweise eine juristische Arbeit wenig Fachkenntnisse, wie das Durchforsten großer Datenmengen, entscheide fast nur noch der Preis.
Baker & McKenzie ist eine der größten Anwaltskanzleien der Welt. Bei Baker verweist man zudem auf die rasant steigenden Aufwendungen für die neuen Technologien, für Software „quasi per Knopfdruck“. Die Baker-Büros sind nüchtern gestaltet, das Gebaren ist amerikanisch-locker, aber direkt, man ist per Du. Die Büros der „Schweizer“ sind durchdesignt, manchmal opulent, Empfangs- und Kundenbereiche oft mit Kunstwerken ausgestattet, die Aussicht aus dem Büro ab und zu spektakulär. Der Umgang ist formeller, dass Sie noch keine Ausnahme.
Bis anhin koexistierten die beiden Modelle „Multi“ und „nationaler Champion“ friedlich nebeneinander. Es gab bisher eine gewisse Rollenteilung. So wählen Klienten mit komplexen und spezifischen Fragestellungen tendenziell eher einen Schweizer Champion; für Kunden jedoch, die weltweit neue Compliance-Regeln einführen wollen, sei Baker der Ansprechpartner. Die tägliche Arbeit eines Spezialisten unterscheide sich allerdings bei beiden Kanzlei-Typen nicht stark. Baker Zürich sieht sich primär sowieso als Schweizer und nicht als US-Kanzlei.
Baker gehört heute nicht zu den führenden Anwaltskanzleien der Schweiz. Ein Vertreter von Baker Zürich verweist darauf, dass die Kanzlei neu in drei Bereichen eine erstklassige Top-eins-Wertung von „Chambers“ erhalten habe. Dies sei der verbesserten Teamarbeit zu verdanken. Die großen Fälle können nur von eingespielten Teams bewältigt werden.
Erfahrung, Führungsqualitäten und Persönlichkeit eines Anwalts würden aber ebenso zählen. Vertreter von Baker sind davon überzeugt, dass große Kanzleien verstärkt versuchen werden, in der Schweiz Fuß zu fassen, und dass mehr attraktive Angebote an die führenden Teams großer nationaler Kanzleien gehen werden. Die Schweizer Kanzleien scheinen jedoch gut gegen derart amerikanisch-hegemonial anmutende Gelüste gewappnet zu sein.
Schweizer Anwälte zeigen sich mit nonchalanter Sicherheit überzeugt davon, dass das eigene Modell dem internationalen in vielen Belangen überlegen ist. Die Aussage ist klar: „Die Schweizer spielen in den obersten Ligen mit“.
(Neuer Züricher Zeitung, von Zoe' Bachesl4. 12.2016, https://www.nzz.ch/)
Der Mannschaftsarbeit ist zu verdanken, dass